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Erlebt und bewegt

In dieser Rubrik veröffentlichen wir regelmässig Beiträge aus der gleichnamigen Rubrik der Zeitschrift factum - mit freundlicher Genehmigung.

LICHTBLICK IN DER SACKGASSE

Die letzten warmen Tage im Herbst laden meine Frau und mich zu einem Ausflug ein. Also rauf auf die Räder und raus aus der Stadt! Auf der Rücktour versperrt uns ein Auto den Weg. Es ist uns auf dem Fahrradweg entgegengekommen und kann nun an einem Absperrpfosten nicht weiterfahren. Die Fahrerin ist ausgestiegen und schaut ziemlich ratlos drein. «Was machen Sie denn mit dem Auto auf dem Fahrradweg?», frage ich sie. «Mir wurde gesagt, dass ich hier langfahren kann», antwortet sie trotzig. Ich erwidere: «Auf der Strasse bestimmen die Verkehrsschilder und nicht die Leute.» Hinter ihr kommt ein Mann auf einem Rennrad aus dem Tritt, kurvt an ihrem Auto vorbei durchs hohe Gras und keucht: «Können Sie keine Verkehrsschilder lesen?»

Sie jammert: «Was mache ich bloss?» Ich sage: «Umkehren und zurückfahren.» – «Zum Wenden ist der Weg doch viel zu schmal; da mache ich mir ja mein Auto kaputt», erwidert sie entrüstet – und will mit dem Kopf durch die Wand, denn sie fragt: «Haben Sie kein Werkzeug dabei, um den Absperrpfosten abzuschrauben?» Als ich verneine, fragt sie meine Frau: «Haben Sie vielleicht einen Schraubenzieher?» Doch ich zeige auf die grossen Muttern am Fuss des Pfostens: «Schraubenzieher hilft nicht. Und ausserdem ist es strafbar, Verkehrseinrichtung zu demontieren.» Ich biete ihr an: «Ich könnte Ihnen den Wagen wenden.» Doch sie lehnt stolz ab und überlegt laut: «Könnte ich nicht hier vorbei?» Dabei zeigt sie auf das Ende einer Reihe von Sperrsteinen. Aber dort hinten ist das Gelände zu abschüssig. Umkehr ist und bleibt die einzige Lösung.

Allmählich reicht mir das Hin und Her: «Entweder Sie nehmen mein Angebot an, oder unsere Wege trennen sich jetzt.» – «Kommen Sie denn mit einer Automatikschaltung zurecht?», wagt sie einen letzten Einwand. Als ich bejahe, stimmt sie endlich zu. Ich setze den Wagen bis zu einer günstigen Stelle zurück und wende dort. Als ich aussteige, sagt sie mehrmals erleichtert: «Sie hat der Himmel geschickt!» Darauf ich: «Stimmt. Ich bin Pastor.» Das hält sie zunächst für einen Witz, bis ich bekräftige: «Erst heute Morgen habe ich im Gottesdienst gepredigt.» Dann ergänze ich: «Und wenn Sie mal mit Ihrem Nachbarn ein Problem haben und selber nicht klarkommen, dann rufen Sie mich an. Ich bin der Schiedsmann hier im Amt.» Ja, bei Bedarf wolle sie sich melden, sagt sie und fragt, als ich aufs Fahrrad steige: «Was bin ich Ihnen denn schuldig?» Ich rufe ihr über die Schulter zu: «Vergessen Sies und danken Sie Gott», und radele schnell in den Herbstabend hinein, meiner Frau hinterher.

Was für ein Gleichnis für eine verfahrene Lebenslage! Schon viele Menschen haben auf die falschen Leute gehört und sind in einer Sackgasse gelandet. Dann war Umkehr auch hier die einzige Lösung. Jesus hat die Menschen seiner Zeit zu Gott gerufen: «Kehrt um!» – «Kommt her zu mir alle, ich will euch Frieden geben!» – «Ich bin das Brot des Lebens!» – «Ich bin das Wasser des Lebens!» Dieser Ruf ist bis heute nicht verstummt. Viele Menschen kommen erst durch eine Lebenskrise zur Einsicht. Dann überwinden sie ihre Scham, ihren Stolz und ihren Trotz. Sie kommen demütig zu Jesus, bekennen ihm ihre Sünden und bekommen durch seine Vergebung den Frieden mit Gott geschenkt. Bei ihm finden sie, was sie woanders vergeblich gesucht haben und können mit dem Psalmdichter jubeln: «Gott nahe zu sein ist mein Glück» (Ps. 73,28).

Die Jesus-Strasse endet nicht in einer Sackgasse, sondern führt in den Himmel. Jesus hat es versprochen. Manche Menschen behaupten resigniert, sie seien vom Unglück verfolgt. Doch wer in der Spur von Jesus lebt, wird von Gutem und Barmherzigkeit «verfolgt». Denn es heisst in Psalm 23: «Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.» Wer das Glück seines Lebens in der Gemeinschaft mit Jesus gefunden hat, sagt dazu von Herzen: «Amen – ja, so ist es.»

Die Jesus-Strasse endet nicht in einer Sackgasse, sondern führt in den Himmel. Jesus hat es versprochen.

Jörg Swoboda